Im Jahre 2011 hat ein Freund bei mehreren Atelierbesuchen, den Entstehungs Prozess eines meiner Bilder dokumentiert.
Seinen langen Bericht begleitet von vielen Fotos können Sie jetzt hier lesen.
EINFÜHRUNG
Mein Name ist Hendrik. Seit ich mich erinnern kann, interessiere ich mich für die Malerei und bin ein begeisterter Museumsgänger.
Immer wieder erstarre ich fast vor Bewunderung, wenn ich sehe was die alten Meister geleistet haben.
Als Techniker, der beruflich mit der Hersellung von Farben zu tun hat, gilt mein Interesse insbesondere auch dem Arbeits-Prozess, wie rein praktisch betrachtet, ein Gemälde entsteht.
Habe das zu einem meiner Hobbys gemacht und dies bezüglich viel Literatur verschlungen, auch mit dem Ziel mich selbst in der Malerei zu versuchen.
Obwohl ich mich für technisch recht begabt halte und auch umfangreiche chemische Kenntnisse besitze, viel Sorgfalt und Zeit investiert habe, mich im wesentlichen auf die Technik reduziert habe, bin ich mit meinen eigenen Versuchen stets gescheitert.
Wodurch mein Interesse nur grösser wurde. So habe ich in den letzten Jahren einige zeitgenössische Künstler besucht, die in der Tradition der alten Meister malen.
Im Jahre 2011 hatte ich die Gelegenheit den Künstler "Siegfried Zademack" in seinem Atelier zu Besuchen.
Beruflich war ich für einige Monate in seiner Heimatstadt Bremen.
Es gab ein sehr angenehmes Gespräch und bei einem weiteren Besuch hat er zugestimmt das ich ihm bei der Arbeit an einem seiner Gemälde, über die Schulter schauen darf. Ja, sogar einen kompletten Entstehungs Prozess über viele Tage und Atelier Besuche, dokumentieren darf.
Ich war begeistert und wir heckten gemeinsam einen Plan für den praktischen Ablauf aus.
Geplant sind Notizen und diverse Zustandsfotos.
Das Projekt, bei dessen Entstehung ich dabei sein durfte war bereits vorbereitet. Er zeigte mir Skizzen, Studien, eine frisch grundierte Leinwand, 80x100cm und ein großes Blatt, sehr dünnes Papier in den Abmaßen der Leinwand. Ich erkannte darauf Umrisslinien eines großen Kopfes und eine weibliche Figur, die davor hockt und ihren Kopf an den übergroßen Kopf zu schmiegen scheint. Ein Teil dieser Umrisslinien, hatte er bereits mit zarten Bleistift Linien, auf die Leinwand übertragen.
"Bei deinem nächsten Besuch kann es losgehen" sagte er... Wir waren bereits beim "Du".
Da alle Vorarbeiten zu dem Gemälde schon erledigt waren, fasse ich kurz zusammen, was im Gespräch mit dem Künstler, zu diesen Vorarbeiten, für mich wichtig erscheint:
Siegfried Zademack hat seine Maltechnik über viele Jahre selbst entwickelt.
Wobei er sich auch an denen der alten Meister orientiert hat und diese teilweise modifiziert oder an moderne Materialien angepasst hat.
"Es ist ein dynamischer Prozess, der nie aufhört und der richtigen Dosis von Aufmerksamkeit und Ignoranz bedarf"... so sagt der Künstler.
Er sprach auch viel über das Thema und den Inhalt des geplanten Bildes.
Ich konzentriere mich hier aber vor allem auf den technischen Teil seiner Malerei.
Er plant seine Bilder im Kopf, "aus allem was ich war nehme", wie er es ausdrückt.
Es folgen Ideen Skizzen, Studien und schließlich Zeichnungen. In der Regel aus dem Kopf gezeichnet, Fotos seien ohne persönlichen Duktus, die versucht er zu vermeiden obgleich man ihnen wohl nicht ganz aus dem Weg gehen kann.
ZUR MALTECHNIK:
Als Malmittel verwendet Zademack eine Mischung aus: Dammarfirnis, Leinöl und Balsam Terpentinöl zu gleichen Teilen, plus ein wenig Sikkativ.
Bei sehr dünnem Farbauftrag und in den unteren Farbschichten wird dieses mit zusätzlichem Terpentin verdünnt.
Zahlreiche Pinsel finden sich in verschiedenen Köchern.
Feine Rotmarder Pinsel, sehr kleine Rundpinsel und kleine und große flache, mit langen und mit kurzen Haaren.
Außerdem diverse kleinere und große Borstenpinsel, solche wie auch Anstreicher verwenden und viele recht abgenutzte Exemplare.
Pinsel, die im Beispiel Bild verwendet wurden
Diverse Ölfarben unterschiedlicher Hersteller lagern in Schubladen.
"In der Regel benutze ich nur ca. 15, immer gleiche Farben für ein Bild, selten mehr, häufig weniger. Mehr braucht man selten"... sagt Zademack. Er verwendet auch Bleiweiß (Kremserweiss), welches in der EU bald nicht mehr verkauft werden darf.
Alle Farben, die im Beispiel Bild verwendet wurden
Sein Bildträger, zum Beispiel Leinwand wird in der Regel mit einer drei Schichten Grundierung versehen.
Die erste Schicht ist eine stabile Farbschicht, welche die Oberflächen Struktur festlegt, ob Glatte Oberfläche oder sichtbare Leinwand Struktur. Das ist in der Regel eine sehr matte Fassadenfarbe oder auch die schon vorhandene Farbschicht, einer bereits Werkseitig grundierten Leinwand.
Für dieses Beispiel Bild hat er die Werkseitige Grundierung nochmal mit Fassadenfarbe überstrichen und mit Sandpapier etwas geglättet. Man sieht nur noch wenig Leinwand Struktur.
Die zweite Schicht ist eine Isolierende Schicht. Er verwendet mit Wasser verdünntes "Capaplex", das ergibt eine transparente Schicht, die verhindern soll das &Oouml;l von den Ölfarben von den darunter liegenden Schichten aufgesaugt werden kann.
Als letztes folgt eine sehr dünne Farbschicht einer stark saugenden Mischung, die er selbst anrührt.
Diese besteht aus Kreide, Gesso, weißem Zement, wird mit "Capaplex" gebunden und sehr dünn aufgetragen.
Diese Prozesse werden auch variiert und dem jeweiligen Bild Projekt angepasst.
Ist die Grundierung trocken, folgt häufig (nicht immer) eine "Imprimitur" aus Ölfarben Resten, sehr viel Terpentin und einigen Tropfen Leinöl, dünn lavierend, wodurch der Bildträger auch leicht eingefärbt wird.
TAG 1:
Die leicht Grau-Beige eingefärbte Leinwand, 80 x 100 cm steht nackt auf der Staffelei, darauf sind lediglich wenige Bleistift Linien zu sehen.
In unserem Beispiel beginnt er mit einem dünnen Farbauftrag, einer Mischung aus "Lichtem Oker" und "Paynesgrau", sehr stark verdünnt mit viel Terpentin und etwas Malmittel werden die Schatten Bereiche des großen Kopfes mit kleinen Rindshaar-flach Pinseln angelegt. (Siehe Abb. oben rechts)
Es folgt ein grobes Tupfen mit grobem Borstenpinsel und "Akryl Weiß" für die Helligkeiten. Dort wird die noch unbemalte, beige eingefärbte Grundierung, wieder weiß. Auf dem Foto (oben) kann man gut sehen wie grob dieses ausgeführt wurde.
Arbeitszeit ca. 1 Stunde.
Das Acryl Weiß trocknet schnell und mit den beiden Ölfarben werden weitere Details angelegt, auch lasierend über das Acryl Weiß hinweg. Es kommt "Vandyckbraun" als zusätzliche Ölfarbe hinzu, später auch noch "Kadmiumgelb" und "gerannte Siena" für einige Details. Alles mit kleineren und größeren, groben Borsten Pinseln. Nach und nach entsteht ein Kopf mit einer Art Haaren, der seinen steinernen Charakter durch das grob getupfte Acryl Weiß und die teilweite getupften Ölfarben erhält. Diese Aktion hat ca. 1 1/2 Stunden gedauert. (siehe Abb. oben)
Es folgt der Himmel im Hintergrund. Unterschiedliche Mischungen aus "Titanweiß", "Kadmiumgelb", "Vandyckbraun" und "Paynesgrau" werden aufgetragen mit einem 2cm breiten Rindshaar Pinsel und dann mit sehr großen Borsten Pinseln zu einen Übergang vertrieben. Teils heller, teils dunkler.
Dauer etwa 2 Stunden.
Für die Dünenlandschaft verwendet er die gleichen Farben, weniger "Paynesgrau", mehr Gelb. Er vertreibt die Farben mit kleineren und schließlich sehr weichen, großen Pinseln. Fügt mit einem kleinen flachen Rindshaar Pinsel Details hinzu bis einige Dünen im Sand auftauchen.
Das hat fast 3 Stunden beansprucht
Mit sehr dünner Farbe ("Vandyckbraun") wird das Gewand, nach Vorbild der Skizze in wenigen Minuten, sehr, sehr grob vor gemalt und mit einem Blatt Küchenrolle wird stellenweise Farbe wieder weg gewischt.
Zwischendurch und nach diversen Arbeitsschritten machen wir Zustands Fotos und reden viel. Auch das beansprucht Zeit.
So sind seit meiner Ankunft heute Früh ca. 9 Stunden vergangen und es ist schon dunkel.
"Wir machen Schluss für heute".. sagt er.
Ja, da gerade erst Ende Januar ist, sind die Tage immer noch kurz. Ich mache mich auf den Weg in mein Hotel.
Dort angekommen denke ich über die Ereignisse des Tages nach.
Hatte mir das schon anders vorgestellt. Nur ein paar mal, hatte Zademack kleinere Pinsel oder einen feineren Rindshaar Pinsel in der Hand. Ansonsten recht große Pinsel, teils grobe, abgewetzte Borstenpinsel, in 2-6 cm Breite.
Ich erinnere mich daran in der einschlägigen Literatur, mehrmals als goldene Regel, gelesen zu haben: "Immer den größt möglichen Pinsel zu verwenden".
Tag 2:
Ich spreche ihn auf die am Vortag verwendeten Pinsel und die vermeintliche goldene Regel an.
Seine Antwort: Bisher habe er ja nur grobe oder großflächige arbeiten gemacht.
Es geht weiter.
Der inzwischen leicht angetrocknete aber noch nicht durchgetrocknete Kopf und der Sand im Vordergrund sollen "gesprenkelt" werden, wie es nennt.
Er mischt auf der Palette zwei Farben an, die er so extrem verdünnt das sie von der Palette zu laufen drohen.
Eine dunkle Ölfarbe, ("Vandyckbraun" vermischt mit "gerannter Siena")
und eine fast weiße Ölfarbe, ("Titanweiß" und etwas "Kadmiumgelb"),
Aufgetragen werden die, indem die stark verdünnten Ölfarben mit einem kleineren Anstreicher Borstenpinsel über einen Pinsel Stiel gestreift werden, so das die Spritzer auf dem Kopf und dem Sand eine feine, gesprenkelte Struktur erzeugen. Nacheinander, erst die dunkle, dann die helle Farbe. Dabei liegt das Bild flach auf dem Boden und er deckt den Himmel Bereich mit Papier und Karton Schnipseln ab, damit dort keine Spritzer landen. Auf dem Sand landen nur ganz unten und im Schatten des Kopfes einige Spritzer.
(Siehe Abb. unten)
Danach geht es an das Gewand, das wird mit "gerannter Siena", "Vandyckbraun" und wenig "Titanweiß" angelegt.
Nach und nach immer weiter verfeinert und detaillierter. Hier kommen auch feinere, flache und spitze runde Pinsel zum Einsatz.
Es sei aber immer noch nur eine Untermalung. (unten links)
Es folgen die Strand Gräser, dünne Linien, mit einen "Schlepper" und kleinen Rundpinseln schnell gezogen aus "Kadmiumgelb", "Kadmiumorange", "gerannter Siena" und "Vandykcbraun".
Dazu einige Erhöhungen der Dühnen und einige Schatten in den Gräsern und den Dühnen mit kleineren Flachpinseln. (oben Rechts)
Mir fällt auf das er an beiden Tagen ausschließlich diese Farben auf der Palette hat:
"Titanweiß", "Kadmiumgelb", "Lichter Oker", "gerannte Siena", "Vandyckbraun", "Paynesgrau", erst heute, zum Schluß kam "Kadmiumorange" hinzu.
Tag 3:
Ich treffe pünktlich um 9.00 Uhr im Atelier ein.
Die Palette sieht ähnlich aus, statt "Lichtem Oker" kommt von Anfang an "Kadmiumorange" hinzu und "Paynesgrau" fehlt.
Also: "Titanweiß", "Kadmiumgelb", "Kadmiumorange", "gerannte Siena", "Vandyckbraun"
Er beginnt mit dem Körper der Frau. Der wird von beginn an detailliert und ausschließlich mit "Titanweiß", "Kadmiumgelb" und "gerannter Siena", angelegt. Das erste mal findet ein Malprozess über mehrere Stunden, hoch konzentriert und vorwiegend im Sitzen statt. Er verwendet kleine flache Rindshaar-Pinsel zum auftragen der Farben, die er auf der Palette anmischt. Größere, langhaarige Rotmarder Pinsel um diese zu vertreiben und auch sehr kleine spitze Rotmarder Pinsel für die Details.
Nach etwas über 2 Stunden wirkt dieser Teil für mich wie der am weitesten vollendete Teil des Bildes. Ist aber auch nur eine Untermalung, wie der Künstler betont. (Abb. unten links)
In gleicher Weise folgen die Hand und der Kopf mit den Haaren, für die auch das "Kadmiumorange" und "Vandyckbraun" verwendet werden.
Es ist nun keine Stück nackte Leinwand mehr zu sehen.
Es ist 16.00 Uhr geworden, ein regnerischer, grauer Tag und es wird schon dunkel. Wir verabreden uns für das kommende Wochenende.
Das bedeutet fast eine Woche Trockenzeit, ohne Arbeit am Bild.
Tag 4:
Die Farben auf dem Bild sind getrocknet.
Der Kopf und das Gewand und die Frau sollen überarbeitet werden.
Dazu wurden die Bereiche dünn mit Malmittel überstrichen und sofort soviel wie möglich davon wieder mit einem fusselfreien Putzlappen abgewischt und dabei gleichzeitig in die getrocknete Farbe ein massiert. So verbleibt nur sehr wenig Malmittel auf dem Teil des Bildes. In dieses "nasse" Malmittel hinein wird weiter gearbeitet.
Zunächst wird mit lasierenden Farben, "Indischgelb", "Ultramarinblau" und "Oxydrot" der Farbton des Gewandes grüner und blauer und auch dunkler. Zu Einsatz kommen mittelgroße, flache Rindshaar Pinsel und kleine Rundpinsel.
Dann kommt "Elfenbeinschwarz" für die tiefen Dunkelheiten hinzu und schließlich "Bleiweiß" für die Lichter. Mit kleinen Rundpinseln.
Ein Teil des Gewandes soll weißer Stoff sein, dafür findet auch "Titanweiß" Verwendung.
Diese Farben werden auch für die weitere Überarbeitung des großen Kopfes verwendet.
Zusätzlich werden noch Bereiche in den Dühnen und Gräsern überarbeitet.
Auch der Körper der Frau wird in gleicher Weise geringfügig überarbeitet
Dafür werden wieder große flache Rindshaar und große Borstenpinsel verwendet. Nur sehr selten auch kleine Pinsel für einige Details.
Tag 5:
Die Bereiche die auch schon am Vortag überarbeitet wurden werden nun weiter bearbeitet und mit vielen Details versehen und teilweise korrigiert. Hier kommen große, für die Feinheiten aber auch kleine spitze Pinsel zum Einsatz.
Am Gewand und für die Augen und den Mund des Kopfes verwendet Zademack viel Zeit.
Auch der Körper der Frau wird detailiert überarbeitet und mit Dunkelheiten und Lichtern versehen.
Dafür verwendet er die gleichen lasierenden Farben wie am Vortage, plus "Umbra gebrannt" und "Kadmiumorange" für die Schatten und "Bleiweiß" mit etwas "Kadmiumgelb" vermischt für die Lichter. Auch etwas Titanweiß kommt zum Einsatz.
Wieder mehrere Tage Trockenzeit, ohne Arbeit an dem Bild.
Diesmal ist es meine Schuld. Ich muß für einige Tage Bremen verlassen und Siegfried Zademack verspricht zu warten bis ich zurück bin.
Tag 6:
Das Bild ist vollkommen getrocknet.
Zademack streicht das ganze Bild mit seinem Malmittel ein und wischt den Überschuss wieder ab, so wie schon am Tag 4 beschrieben.
Wieder kommen die selben lasierenden Farben in unterschiedlichen Mischungen zum Einsatz. Diesmal verwendet er große Anstreicher Pinsel mit sehr wenig Farbe und erzeugt mit sehr durchsichtigen Farbschichten geringfügige Farbton Änderungen am Kopf. Der rechte Schatten Bereich des Kopfes wird blauer, der linke Teil gelber bis oranger indem er "Indischgelb mit "Oxydrotbraun" Vermischt und so fast den ganzen Kopf mit einer hauchdünnen, sehr durchsichtigen Farben überzieht. Mit einer Mischung aus "Ultramarin" und "Oxydrot" entsteht eine fast schwarze Farbe, die er ebenfalls sehr lasierend einsetzt. Der gesamte Kopf wirkt dunkler. Auch das Gewand wird großflächig dunkler. Es ist insgesamt eine großflächige Farbtonänderung, die er auch auf den Himmel und den Sand ausdehnt. Das alles mit sehr geringen Mengen der genannten, lasierenden Farben.
Weiße oder weißhaltige Farben sind dabei Tabu... sagt er mir.
Die kommen jetzt zum Einsatz! Es werden sowohl am Kopf und am Gewand wieder helle Stellen mit "Bleiweiß", "Titanweiß" und anderen mit weiß vermischten Farben gesetzt und für die tiefen Schatten Bereiche verwendet er "Elfenbeinschwarz". Auch wird mit den deckenden Farben wieder an Details gearbeitet.
Danach wird auch der Körper der Frau auf diese Weise überarbeitet. Erst lasierende, farbliche Änderungen und dann Lichter und Schattenbereiche.
Das Bild ist das Gleiche geblieben, es wurde nichts hinzugefügt und trotzdem wirkt es dynamischer und farblich verändert. Die Farben erscheinen harmonischer, dunkler aber leuchtender. Für mich ein fertiges Bild.
Aber der Künstler hat noch Pläne und ist mit einigen Stellen unzufrieden.
Tag 7:
Als ich am morgen in sein Atelier kam hatte Zademack bereits über Nacht auf einem Blatt Papier einige Lilien skizziert und grob angedeutet wie diese mit einem Seil am Kopf befestigt werden.
Auch eine Schachfigur findet sich grob skizziert auf einem Fetzen Papier.
Damit machen wir heute weiter sagt er und überträgt einige, wenige Orientierungs Linien mit Bleistift auf die kaum angetrocknete Ölfarbe.
Während er die an der Bleistift Spitze hängen gebliebenen Farbreste ab wischt, fällt mir auf das das abwischen der Pinsel mit einen Putzlappen ein sehr häufiger Prozess ist. Wohl nicht nur um die Pinsel zu reinigen, sondern auch um die aufgenommene Farbmenge zu korrigieren oder Zuviel aufgetragene Farbe wie von der Leinwand zu wischen. Putzlappen und Küchenrolle scheinen für Zademack auch ein Werkzeug zu sein.
Mit dunkler Farbe zieht er eine Linie um die Position des Seils anzulegen. Mit lasierenden Farben deutet er die Blume an und malt die Blätter vor. (abb. oben links).
Dann brauche ich einen weißen Untergrund für die Blüten der weißen Lilien, sagt er und trägt an einigen Stellen reines "Titanweiß" auf. Dadurch das die weiße Farbe stellenweise deckend und Stellenweise kaum deckend aufgetragen wird ist bereits eine Blüte mit Licht und Schatten erkennbar.
Dann geht es wieder an das Seil, für das er eine bisher noch nicht verwendete Farbe hinzu nimmt, "Preußischblau". Das vermischt mit Gelb wird auch für die Stengel und Blätter der Lilie verwendet. Alles mit recht kleinen Pinseln. Es entsteht auch eine am Seil eingeklemmte Schachfigur. (Abb. oben rechts)
"Die Blüten kommen später, wenn die weißen Stellen angetrocknet sind" sagt er.
Ansonsten bleibt es heute bei den bereits erwähnten Farben, mit Ausnahme der lasierenden Farben, die heute keine Verwendung finden.
Während ich ihn beim malen der Blume und des Seiles beobachte, wie er mit verschiedenen, teilweise sehr kleinem Pinseln Linien zieht, Farben anmischt und auf der Leinwand ineinander vertreibt, kommt mir der Gedanke;... so ähnlich hatte ich mir eigentlich das malen am ganzen Bild vorgestellt. Die bisherigen Arbeiten, insbesondere am großen Kopf, erschienen mir viel grober als gedacht. Obgleich es auch hier bereits einige detaillierte arbeiten mit kleinen Pinseln gab, kamen doch sehr häufig recht große Borstenpinsel, wie sie auch Anstreicher verwenden, zum Einsatz. Das hatte ich mir so nicht vorgestellt. Trotzdem ist die Wirkung überraschend detailliert.
Es folgen wieder mehrere Tage Trockenzeit, ohne Arbeit an dem Bild.
Zademack ist für einige Tage zum Aufbau einer Ausstellungsbeteiligung in Frankreich.
Tag 8:
Als ich verspätet das Atelier betrete war bereits das ganze Bild, welches inzwischen getrocknet war, mit Malmittel überstrichen so wie bereits am Tag 6 beschrieben.
Er beginnt auch ähnlich wie am Tag 6. Der Kopf und der Himmel werden mit den gleichen durchsichtigen, lasierenden Farben überarbeitet, er verändert die Farbtöne großflächig, bis er zufrieden ist. Dabei kommt auch ein Putzlappen zum Einsatz um zuviel Farbe wieder weg zu wischen.
Mit großen Borsten Pinseln wird getupft und gewischt. Die Leinwand wird dabei erhblich mechanisch maltretiert.
Es folgen diverse Details, auch am blauen Seil, da kommen Teile hinzu und auch an der Pflanze. Nun wird auch die Lilien Blüte detailliert gemalt. Der Himmel wird im oberen Bereich deutlich dunkler und die Lichter im Kopf werden brillanter. Es wird im Grunde das gesamte obere Teil des Bildes überarbeitet und um einige neue Elemente ergänzt. Zu Einsatz kamen diverse große und für die neuen Elemente, auch sehr kleine Pinsel. Dabei kommen nahezu alle der bereits bekannten Farben zum Einsatz.
Obwohl er viele Stunden am Bild gearbeitet hat, sehe ich nur wenige Veränderungen. Zumindest wenn ich es mit den starken Veränderungen der ersten Tage vergleiche.
Erst als ich mir die Zustands Fotos, welche wir regelmäßig machen, genauer ansehe und mit denen vom Vortage vergleiche, wird klar das sich doch viel verändert hat. Alles wirkt griffiger und der Kopf wie aus verwittertem Stein.
Tag 9.
In das noch nicht vollständig trockene Bild werden weitere großflächige Farbton Änderungen vorgenommen. Das Bild wird teils gelber und teils rötlicher und wirkt leuchtender und auch dunkler.
Es werden die Tränen gemalt. Ich bin erstaunt wie schnell das mit wenigen Pinselstrichen und farbigen Pünktchen gelingt und welchen Effekt das auf die Wirkung des Bildes hat. Er verwendet kleine, spitze Rundpinsel.
Mir wird immer klarer das Malerei nicht nur ein technischer Prozess ist sondern vor allem eine Sache von Gefühl und Erfahrung.
Für die Malerei hat die Technik eine ähnliche Bedeutung, wie die Rechtschreibung für den Lyriker.
Man sollte die Technik benutzen aber konzentrieren sollte man sich auf sein Gefühl. Sagte mir Zademack einmal.
Er arbeitet noch einige Stunden an unterschiedlichen Stellen des Bildes. Viel am Kopf. Eine Weile am Körper und den Haaren der Frau.
Fügt ohne Vorzeichnung noch eine Schachfigur im Sand liegend hinzu und einige abgefallene Blätter der Lilie, die im Sand liegen.
"Das Bild ist quasie fertig. Einiges kann ich erst fertigstellen nachdem das Bild noch einmal getrocknet ist", sagt er mir zu Schluss.
So machen wir heute früher Feierabend.
Ich werde übermorgen Bremen verlassen und so die letzten Detail arbeiten am Bild nicht beschreiben können.
Zademack sagt mir, das es nur noch einige Kleinigkeiten sind, die er ändern müsse.
Das sei vermutlich in wenigen Stunden erledigt. Da es viele Stellen im Bild gäbe, die weiße Farbe enthalten, müsse er warten bis diese getrocknet sind, damit sich die letzten Farbaufträge nicht damit vermischen.
Zusammen mit den Vorarbeiten, den Skizzen, Vorbereitung der Leinwand waren ca. 12 arbeitsreiche Tage erforderlich um dieses Bild, aus dem Nichts heraus, fertig zu stellen. Für Firnis und Rahmen kommt sicherlich noch ein Tag hinzu. Nimmt man den gesamten Entstehungs Prozess, einschließlich der Trocken Zeiten, hat es über einen Monat beansprucht. Von Tag 1; Ende Januar bis Tag 9; Mitte März.
Dazu wäre zu sagen, das im gleichen Zeitraum, immer wenn ich nicht in seinem Atelier war und unser Bild tagelang trocknete, ein weiteres Gemälde entstand, das auch schon sehr weit fortgeschritten war.
Nachdem ich meine Notizen sortiert und jetzt alles ins Reine geschrieben habe, werde ich es Siegfried Zademack, mit dem ich mich inzwischen freundschaftlich verbunden fühle, zusammen mit den von mir gemachten Fotos schicken.
Es war eine für mich hoch interessante Erfahrung und ich hoffe das der geneigte Leser dieser Zeilen, das ein wenig nachempfinden kann.
Was ich sehr bedauere ist, das ich das Bild nicht ganz fertig, gefirnisst und gerahmt gesehen habe.
Wie ich inzwischen erfahren habe wurde es bereits verkauft.
Hendrik
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